Jesus
Blocher
|
Existenzfragen
u.a. zu Dr. Christoph
«Jesus» Blocher und der Bundesratswahl «durch
das Volch». Mit einem interaktiven Nachsatz.
Nie
wieder Weihnachten
erst am 1. Dezember
2006 lesen!
Sennechutteli,
Shit und Wisswii – ein Besuch an der Frankfurter
Buchmesse
.
|
Apokryphen
|
Der
Kongress der Donaldologen |
The
Battle of the Maniacs
(Donkey Kong I) |
Der
König der Depressiven |
In
Stahlkorsetten
(06 verweht) |
(wollen geschrieben werden |
|
Wer
will unter die Schriftsteller?
Eine seltsamere Ware als Bücher
gibt es wohl schwerlich in der Welt.
Von Leuten gedruckt, die sie nicht verstehen;
von Leuten verkauft, die sie nicht verstehen; gebunden, rezensiert und
gelesen von Leuten, die sie nicht verstehen; und nun gar geschrieben
von Leuten, die sie nicht verstehen.
Georg Christoph Lichtenberg
Das können Sie sich gar nicht leisten», pflegte
ein bekannter – auch der Superlativ wäre hier am Platz – Literaturkritiker
jungen aufstrebenden, weiblichen Talenten zu antworten, die lieber im eigenen
Hotelzimmer übernachten wollten als in des Papstes Gemächern.
Gerüchte, Geschichten wie dieses sind das Salz in der Suppe des Literaturmarktes.
Nichts ist langweiliger als ein Buch. Wohl gibt es auch auf diesem Gebiet
die Fetischisten (meist männlichen Geschlechts), denen das Aufblättern
eines jungfräulichen Farbschnittes wohlige Schauer in alle Glieder
jagt. («Für die Nabokov-Gesamtausgabe im Rowohlt-Verlag tät
ich alles!») Sie werden aber immer in der Minderzahl bleiben, und
wie alle Perversionen ist auch die Bibliophilie mal eine Talkshow, oder
gar einen Selbstversuch wert, niemals aber mehr, denn schon morgen sind
die Veganer dran, oder die «Freunde Tibets, Brad Pitts und der
guten Nazis»...
Das Literatur-Business will aber immerzu Bücher
verkaufen, und weil uns der gute, alte Lichtenberg lehrt, dass wir uns
nicht um den Inhalt scheren müssen, bleiben nur noch die SchriftstellerInnen
als Rohstoff. Die Dynamik des Marktes zeigt sich in den vielen neuen Namen,
die jede Saison auftauchen wie Kometen am Himmel. Auch in einem so kleinen
Land wie der Schweiz geht nichts mehr ohne Jungtalente. Gion Matthias Cavelti,
Shooting Star des Jahres 1996 hatte das Pech, sich vor der Veröffentlichung
seines Zweitlings nicht mit den «Facts»-
und «NZZ»-Kritikern abgesprochen
zu haben. Diese, nicht faul, rissen ihm die welken Lorbeeren, die sie selbst
dem neuen Poeten aufgesetzt einst im Mai, gar schröcklich wieder abe.
Peter Weber der 1993 sowohl hohe Auflagen, als auch grosses Aufsehen
erzielt hat, arbeitet seit sehr langer Zeit an seinem neuen Buch, um dann
in einem Überraschungscoup einen Treffer zu landen. (Nur: where's
the point of no return?) In dieser Situation trittst nun du auf, liebes
Talent. Selbstredend hast Du festgestellt, dass die 23jährige Zoë
Jenny mit ihrem mutigen Tabubruch... – «Die radikale Anklage an die
egoistische 68er-Generation!» – «Ich weiss, ich darf nicht
über den Inhalt reden, aber mir haben sowohl Jennys, als auch Webers
Buch gefallen und ich habe jetzt endlich die 1070 Seiten von Muschgs «Rotem
Ritter» gelesen, und zwar mit grosser Freude .» -– «Shut
up!» – ...mit ihrem mutigen Tabubruch, 40'000 Einheiten verkauft
hat. Bastle dir daraus ein Erfolgsrezept und alles wird gut.
Willkommen in der Mitte dieses Artikels. Dies
ist der seriöse Teil: 1. Schreibt ausdauernd – Schreiben ist Arbeiten
und heisst meistens: Nicht-Schreiben-Können und dieses Nicht-Schreiben-Können
aushalten lernen. 2. Brecht das Studium ab. Gründet zusammen mit anderen
Schreibenden einen Zirkel oder ein Netz, in dem ihr eure Texte bespricht.
3. Knüpft Kontakte zum Business und den wichtigen Leuten. Am Besten
geht das, wenn ihr zwischendurch immer wieder betont, wie verlogen diese
Vetternwirtschaft ist. Man wird mit euch fühlen. 4. Veröffentlicht
nur in anerkannten Literaturzeitschriften. Semiprofessionelle (um es nett
zu sagen) und/oder nichtliterarische Postilen wie die ZS
sind Gift. Macht insbesondere einen grossen Bogen um die Rubrik «Stadtleben».
5. Schreibt einen Roman. Nur Romane lassen sich verkaufen! Suhrkamp ist
nicht mehr immer das Non-plus-ultra. Es gibt Alternativen.
6. Wenn euch eine sanfte Stimme an der Frankfurter
Buchmesse zuhaucht: «Das können Sie sich gar nicht leisten»,
dann tu das Richtige. Ihr könnt es euch nicht leisten. 7. Veröffentlicht
euren Erstling erst, wenn ihr schon den zweiten Roman schon fertig hast.
Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel.
8. Wer nicht leidenschaftlich liest, soll auch
nicht publizieren. 9. Es gibt viel mehr Leute, die Gedichte schreiben,
als solche die sie lesen. 10. Bevor ihr einer Literaturzeitschrift etwas
zusendet, kauft euch ein Exemplar derselben. 11. Erlaubt ist, was gelingt.
12. Jedes gestrichene Adjektiv ist ein gutes Adjektiv 13. Jeder Text vertritt
eine Ideologie. Es gibt keine unpolitischen Texte. 14. «Wer kann,
der kann. Wer nicht kann, wird Kritiker.» George Bernard Shaw, Kritiker
der Kritiker. Mit 14. und good ole George Bernard springen wir zurück
zu unseren Text: Es ist jetzt 2 Uhr nachts, ich liebe das langsame Verschwinden,
Verschwimmen am Ende, der Laptop schnurrt wie eine Katze, und eigentlich
wäre es schön, mit einer Katze auf den Knien, das hier
zu schreiben, weil man so endlich einen Punkt setzen könnte, dann
nämlich, wenn das herzige Büsi erst miaut, darauf faucht und
die zarten Pfoten ins Fingerfleisch haut: Fressen!
...................
Fussnote 1:Dieser Text erschien
zuerst in der Zeitung Zürcher
Studentin (ZS), ebenso wie eine Reihe von Stadtleben, deren erweiterten
Fassungen zum Teil im Buch «Schnell gehen
auf Schnee« zu finden sind.
...................
Fussnote 2: Glaubt ihr, ich
würde euch zu Facts verlinken...? Ne, ne!!!
...................
Fussnote 3: Gewissermassen Teil
2 (oder 1) dieses Textes (jeweils der letzte Satz ist identisch) gibts
in der Zeitschrift «Rote
Revue» zu lesen (Ausgabe September 98). Leider nicht online,
und weil die SP gut zahlt, mag ich den Artikel nicht einfach so im Web
vor die Säue werfen. (Die Säue sind nur metaphorisch gemeint!)
(c) by Felix Epper
|