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Am besten zur Geltung kommt Eppers Sprachkunst freilich bei der Geschichte «Frankie Klingeling» (die Reise eines potentiellen Selbstmörders in seine Vergangenheit), gerade weil er sich sprachlich so unverschämt James Joyce – oder wohl besser: Hans Wohlschläger – annähert.
Berner Tagwacht
Maria
V|O|N| F|E|L|I|X| E|P|P|E|R

Wenn die Nonne auftaucht, gefriert die Zeit, läuft dann ewig das Rückgrat auf und ab, und noch bevor Madelaine fällt, schlägt das Herz in Erwartung des Fallens einen Akkord, sendet bei jedem Schlag ein Bild ins Hirn: Schwester Ignata – und die Schnelligkeit des Herzschlags nimmt zu – rollt das Wort «Vorhaut» im Mund herum wie vor Abertausenden von Jahren die Gletscher das Geröll. Findlinge zurücklassend sie. Die Klasse von Achtjährigen stocksteif im Religionsunterricht. «Ihr müsst lesen, nicht Fragen stellen.» Eines der Mädchen, Maria, wird später Schwester Cäcilie, flieht aus der ländlichen Dumpfheit – «Schau nicht den Zwerg an wenn du in ERWARTUNG bist» –, Marias Bruder defloriert eine unwissende Frau in der Hochzeitsnacht, doch Maria wird Cäcilie, spielt manchmal Geige, reist kurz vor ihrem Tode – auch nach Madrid. «Man liest die Bibel, aber stellt keine Fragen… Wasch den Mund mit Seife…» Wenn das Mädchen dann weinend zusammenbricht, macht Schwester Ignata einen Schritt zurück ins Unscharfe, in den Bildhintergrund. Nichts muss mehr gesagt werden.

Meine Mutter hatte zwei Fehlgeburten und gab mir ihren Lieblingsfilm mit fürs Leben. Nicht «VERTIGO, Aus dem Reich der Toten», denkt es nun zwischen dem ersten und zweiten Herzschlag, nicht Madelaine, das Gespenst, das auf die Jahresringe des mächtigen gefällten Redwoodtree zeigt – hier wurde ich geboren – – –, und hier bin ich gestorben,  sondern «ROSEMARIE’S BABY», auch da die Nonne als vermeintliche Helferin, dabei nur Beihelferin zur Vergewaltigung, das Tanis-Amulett schwenkend wie einen Weihrauchbesen oder –schwengel, sogar noch die Suche nach Wörtern, während das Herz zum zweiten Schlag rast und alles darin eingefroren wird, wie auf dem Gemälde eines alten Meisters. Immer die eigene Hölle, die wir sehen, der wir entfliehend zustreben. Der weite Raum über uns, das Allerschrecklichste, nicht Gott noch Teufel, oben in diesem endlos hohen Saal. Maria – ich hab sie immer Maria genannt, nie Schwester Cäcilie, und ich hab sie geliebt – steht vor dem Bild. Maria liebt die Kunst und schickt der Familie Postkarten, auf denen berühmte Ölgemälde verkleinert reproduziert sind. Nur die gestochen schöne Handschrift vor Augen jetzt, aus Francos Spanien, das schreibt sie nicht, aber gestochen schön und «LAS MENINAS» ist das Allerschönste, lese ich, das Allerschönste auf der Welt.

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